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Gibt’s nen Südalpen-Hasenlattich?

Hepi
Hepi 10.08.2022

Im Tessin treffe ich öfters solch schmalblättrige Prenanthes an. Gibt‘s dazu ev. eine beschriebene Unterart? (Oder kann derjenige nördlich der Alpen ebenso schmalblättrige Formen ausbilden?) 

3 Antworten

Hoi Hepi,

Ulala, die sehen super aus! Und ganz und gar nicht typisch Nordalpen-Hasenlattich-artig...

Ein möglicher Hinweis auf die schmalblättrige Variante findet sich in der Flora der Schweiz (Hess/Landolt/Hirzel, Band 3):
P. purpurea ist hinsichtlich der Blattform ziemlich vielgestaltig. Eine sehr auffällige Sippe mit sehr schmallanzettlichen, ganzrandigen Blättern (P. tenuifolia L.) ist auf ihren systematischen Wert näher zu untersuchen. Ihr Vorkommen im Gebiet: Vogesen, Savoyen, Alpensüdseite, Vorarlberg (Damüls, Bludenz). St. Galler Rheintal (Gams). Appenzell, Graubünden (Schams, Rheintal, unteres Prättigau).”

Und im "Hegi" (Illustrierte Flora von Mitteleuropa, Band 6.2; Seite 1181; Ausgabe von 1929) steht: "Die Art ist hinsichtlich des Blattschnittes ziemlich veränderlich; doch dürfte der systematische Wert aller dieser Formen nur sehr gering sein; ..." http://digital.ub.uni-duesseldorf.de/vester/content/titleinfo/5277365 

Das heisst grosse Variabilität, ohne Unterarten-Status. Fast schade bei so tollen schmalen Blättern ;-)
Lieber Gruss, muriel

Ist schon witzig, in meiner Flora Helvetica habe ich beim Hasenttich auch angemerkt, dass viele Pflanzen im Tessin oft auffallend schmalblättrig sind. Solche Formen habe ich nördlich der Alpen noch nie beobachtet. Wusste gar nicht, dass dies im Hess/Landolt erwähnt wird. Ähnliches gibt‘s ja bei der Frühlings-Platterbse, wo im Tessin die subsp. gracilis vorkommt. Diese wachsen im Gegensatz (?) zu den Formen des Hasenlattichs aber oft durchmischt mit breitblättrigen Formen, so dass ich den Wert dieses Taxons schon etwas anzweifeln würde….

Beste Grüsse

Jonas

Cool! Vielen Dank für die super Zusatzinfos!

Rein von den Autorenzitaten (ohne die  original Typen oder Literatur konsultiert zu haben) scheint also Linné beide Varianten als separate Arten beschrieben zu haben und nachfolgende Autoren haben sie dann zunehmend abgestuft oder synonymisiert.

Unterdessen habe ich auf subalpiner Stufe im Verzascatal auch die breitblättrige Variante gefunden und in der montanen Stufe wuchsen schmal- und breitblättrige Varianten durcheinander. (Vgl. Foto)

Natürlich möchte ich die schmalblättrige Variante bei einem Namen nennen können und schlage darum (wiederum ohne Originalquellen konsultiert zu haben) folgende pragmatische Lösunge vor: Der Abschnitt zur Nomenklatur von Prenanthes purpurea auf infoflora.ch  besagt, dass die schmalblättrige Variante (Prenanthes tenuifolia L. resp. Prenanthes purpurea var. angustifolia W. D. J. Koch) im Schweizer Konzept/Taxon von P. purpurea enthalten ist. Somit bietet sich also die Rangstufe der Varietät bestens an, weil diese tiefe Rangstufe nicht in Konflikt ist mit dem aktuellen Schweizer Art-Konzept für P. purpurea. Und auch die Zweifel von Hess & Landolt und Hegi sind adequat abgebildet, wenn man die schmalblättrige Variante „nur“ als Varietät und nicht als Unterart behandelt.

Der schmalblättrige Hasenlattich heisst für mich also sinnvollerweise Prenanthes purpurea var. angustifolia und ich werde mich jedes Mal freuen, wenn ich ihn antreffe! :)

Prenanthes purpurea var. angustifolia und var. purpurea wachsen auf hochmontaner Stufe im Verzascatal durcheinander. Ob diese Triebe unterirdisch verbunden sind, wurde nicht überprüft. (Hepi)