bei dieser schönen Pflanze handelt es sich um eine diploide Sippe von Dryopteris affinis, also um Dryopteris affinis subsp. affinis. Eine Zuordnung auf der Ebene einer Varietät ist hier nicht möglich.
Hierzu folgender Hintergrund: Die taxonomische Gliederung der Dryopteris-affinis-Gruppe ist ja maßgeblich von Christopher Fraser-Jenkins geprägt. Er hatte vor etwa 25 Jahren Dryopteris affinis subsp. affinis in drei Varietäten aufgegliedert, so die Varietät affinis (Locus typi Madeira, die Varietät disjuncta (Locus typi im Schwarzwald) und die Varietät azorica (Azoren). Diese Untergliederung hat er dann in neueren taxonomischen Arbeiten wieder aufgegeben, damit begründet, dass die Varietäten bezüglich ihrer Merkmalsausprägungen ineinander übergehen. Das ist teilweise zutreffend, so zeigt D… var. affinis auch auf Madeira keine einheitliche Morphologie und umfasst auch Pflanzen, wie sie auch auf den Azoren (dort jedoch in sehr einheitlicher Gestalt) oder auf dem europäischen Festland vorkommen. Auch in Großbritannien ist die var. affinis recht vielgestaltig und vor etwa 20 Jahren hatte A. Pigott mal für eine Linie den Morphotyp >Convexa< geschaffen, die jedoch keinen Eingang in eine gültige Taxonomie gefunden hat. Im Gegensatz zu der Var. affinis zeigt die Var. disjuncta jedoch eine sehr einheitliche Gestalt, die durch einige Merkmalseigenschaften klar gegen die var. affinis abgegrenzt ist. Auch ist die Var. disjuncta östlich der Oberrheingrabens gegenüber der Var. affinis vorherrschend, westlich davon jedoch nur noch vereinzelt, nicht in Großbritannien, nicht auf Madeira, nicht auf den Azoren.
Da die von dir aufgefundene Pflanze ebenfalls klar umschriebene Merkmalseigenschaften mit konstanter Ausprägung zeigt (siehe unten), haben Günther Zenner und ich 2003 für diese Sippe einen Arbeitsnamen geschaffen, den “Typ Tannberg”. Mit diesem Arbeitsnamen konnten wir miteinander kommunizieren, so dass jeweils jeder wusste, von was wir sprechen, andererseits konnten wir natürlich festhalten, wo wir diesen Typ überall angetroffen haben. So reicht das uns bekannte Verbreitungsgebiet auf der Alpennordseite von Salzburg bis Luzern (zuletzt zahlreich am Rooter Berg nachgewiesen) jeweils in das nördliche Alpenvorland ausstrahlend. Dein Fundort wäre damit der westlichste bisher bekannte Fundort. Am ehesten zeigt der Typ “Tannberg” Ähnlichkeiten zur Var. disjuncta, und wurde dieser auch zugeordnet (von den wenigen in Mitteleuropa tätigen Affinis-Experten).
Der Typ “Tannberg” unterscheidet sich von der Var. disjuncta in folgenden Merkmalen (Var. disjuncta in Klammern): Oberfläche der Fiederchen glatt (deutlich gefurcht); vor allem in den unteren, insbesondere den untersten Fiedern bestehen breite bis zur Fiederspindel hinabreichende Lücken zwischen den Fiederchen - auf deiner zweiten Abb. gut zu erkennen- (keine solche Lücken); Die Fiederchen an den unteren Fiedern sind leicht nach distal, also zur Fiederspitze hin, abgebogen (zeigen oft einen deutlichen Knick "krumme Zehe" nach distal); die Sporen fallen bald nach der Sporenreife vollständig aus, also bereits nach zwei bis drei Wochen (sind bis in den Spätherbst vorhanden); die Schuppen auf Stiel- und Blattspindel sind bräunlich und nicht allzu dicht stehend (rötlich-kupferfarben und recht dicht).
Letztlich sind genetische Untersuchungen notwendig, um die Verwandtschaftsverhältnisse im Affinis-Komplex zu klären, um daran die taxonomische Bedeutung jener Sippen beurteilen zu können, die mit Arbeitsnamen versehen wurden.
Vielen herzlichen Dank für Deine detaillierten Angaben. Bin beeindruckt wie gut du diese Gruppe beherrscht. Das einzige, was ich bei dieser Pflanze merkte war, das es sich diesmal nicht um borreri handelt :-). Habe ich alles auf InfoFlora angepasst.
Ja, unbedint muss man eine genetische Studie starten, und zwar mit allen Sippen/Unterarten aus zahlreichen Regionen.
ja, solche gentischen Studien sind angedacht. Ich reiche im April den SNF-Antrag ein, wenn bewilligt geht es ab 2024 los. Ich freue mich also immer über Herbarbelege, im Idealfall mit etwas in Silicagel getrocknetem Material für die Genetik.
Ich bin schon jetzt gesapnnt, welche Resultate bekommt ihr bei dieser Studie. Die SwiF-Mitglieder werden sicher helfen. Auch ich, wenn gewünscht, kann systematisch sammeln. Ab 2024 werde ich die meisten meiner Projekte beenden, und versuche auch eine oder andere Studie mit den Farnen zu starten.
Bei uns haben wir jetzt viel Schnee, da muss ich leider mit der Feldarbeit etwas stoppen.
4 Antworten
Hallo Gregor,
bei dieser schönen Pflanze handelt es sich um eine diploide Sippe von Dryopteris affinis, also um Dryopteris affinis subsp. affinis. Eine Zuordnung auf der Ebene einer Varietät ist hier nicht möglich.
Hierzu folgender Hintergrund: Die taxonomische Gliederung der Dryopteris-affinis-Gruppe ist ja maßgeblich von Christopher Fraser-Jenkins geprägt. Er hatte vor etwa 25 Jahren Dryopteris affinis subsp. affinis in drei Varietäten aufgegliedert, so die Varietät affinis (Locus typi Madeira, die Varietät disjuncta (Locus typi im Schwarzwald) und die Varietät azorica (Azoren). Diese Untergliederung hat er dann in neueren taxonomischen Arbeiten wieder aufgegeben, damit begründet, dass die Varietäten bezüglich ihrer Merkmalsausprägungen ineinander übergehen. Das ist teilweise zutreffend, so zeigt D… var. affinis auch auf Madeira keine einheitliche Morphologie und umfasst auch Pflanzen, wie sie auch auf den Azoren (dort jedoch in sehr einheitlicher Gestalt) oder auf dem europäischen Festland vorkommen. Auch in Großbritannien ist die var. affinis recht vielgestaltig und vor etwa 20 Jahren hatte A. Pigott mal für eine Linie den Morphotyp >Convexa< geschaffen, die jedoch keinen Eingang in eine gültige Taxonomie gefunden hat. Im Gegensatz zu der Var. affinis zeigt die Var. disjuncta jedoch eine sehr einheitliche Gestalt, die durch einige Merkmalseigenschaften klar gegen die var. affinis abgegrenzt ist. Auch ist die Var. disjuncta östlich der Oberrheingrabens gegenüber der Var. affinis vorherrschend, westlich davon jedoch nur noch vereinzelt, nicht in Großbritannien, nicht auf Madeira, nicht auf den Azoren.
Da die von dir aufgefundene Pflanze ebenfalls klar umschriebene Merkmalseigenschaften mit konstanter Ausprägung zeigt (siehe unten), haben Günther Zenner und ich 2003 für diese Sippe einen Arbeitsnamen geschaffen, den “Typ Tannberg”. Mit diesem Arbeitsnamen konnten wir miteinander kommunizieren, so dass jeweils jeder wusste, von was wir sprechen, andererseits konnten wir natürlich festhalten, wo wir diesen Typ überall angetroffen haben. So reicht das uns bekannte Verbreitungsgebiet auf der Alpennordseite von Salzburg bis Luzern (zuletzt zahlreich am Rooter Berg nachgewiesen) jeweils in das nördliche Alpenvorland ausstrahlend. Dein Fundort wäre damit der westlichste bisher bekannte Fundort. Am ehesten zeigt der Typ “Tannberg” Ähnlichkeiten zur Var. disjuncta, und wurde dieser auch zugeordnet (von den wenigen in Mitteleuropa tätigen Affinis-Experten).
Der Typ “Tannberg” unterscheidet sich von der Var. disjuncta in folgenden Merkmalen (Var. disjuncta in Klammern): Oberfläche der Fiederchen glatt (deutlich gefurcht); vor allem in den unteren, insbesondere den untersten Fiedern bestehen breite bis zur Fiederspindel hinabreichende Lücken zwischen den Fiederchen - auf deiner zweiten Abb. gut zu erkennen- (keine solche Lücken); Die Fiederchen an den unteren Fiedern sind leicht nach distal, also zur Fiederspitze hin, abgebogen (zeigen oft einen deutlichen Knick "krumme Zehe" nach distal); die Sporen fallen bald nach der Sporenreife vollständig aus, also bereits nach zwei bis drei Wochen (sind bis in den Spätherbst vorhanden); die Schuppen auf Stiel- und Blattspindel sind bräunlich und nicht allzu dicht stehend (rötlich-kupferfarben und recht dicht).
Letztlich sind genetische Untersuchungen notwendig, um die Verwandtschaftsverhältnisse im Affinis-Komplex zu klären, um daran die taxonomische Bedeutung jener Sippen beurteilen zu können, die mit Arbeitsnamen versehen wurden.
Grüße, Jens
Lieber Jens,
Vielen herzlichen Dank für Deine detaillierten Angaben. Bin beeindruckt wie gut du diese Gruppe beherrscht. Das einzige, was ich bei dieser Pflanze merkte war, das es sich diesmal nicht um borreri handelt :-). Habe ich alles auf InfoFlora angepasst.
Ja, unbedint muss man eine genetische Studie starten, und zwar mit allen Sippen/Unterarten aus zahlreichen Regionen.
Schönen Tag,
Gregor
Lieber Gregor,
ja, solche gentischen Studien sind angedacht. Ich reiche im April den SNF-Antrag ein, wenn bewilligt geht es ab 2024 los. Ich freue mich also immer über Herbarbelege, im Idealfall mit etwas in Silicagel getrocknetem Material für die Genetik.
LG, Michael
Lieber Michael,
Ich bin schon jetzt gesapnnt, welche Resultate bekommt ihr bei dieser Studie. Die SwiF-Mitglieder werden sicher helfen. Auch ich, wenn gewünscht, kann systematisch sammeln. Ab 2024 werde ich die meisten meiner Projekte beenden, und versuche auch eine oder andere Studie mit den Farnen zu starten.
Bei uns haben wir jetzt viel Schnee, da muss ich leider mit der Feldarbeit etwas stoppen.
Lieber Gruss,
Gregor