Ich sehe da Stachys palustris - die zahlreichen Drüsenhaare (FH: “mit einzelenen Drüsenhaaren”) auf den Kelchblättern und die Meldung von Florapp, dass die Art in meinem Quadrat seit 1993 nicht mehr gemeldet wurde, lässt mich zweifeln.
Aargau, Wynental, 550 m ü. M., nasser Krautsaum an Waldweg
Stachys sp.

Thomas Stirnemann 23.07.2025
13 Antworten
Lieber Thomas
Ich sehe bei deinem Fund auch den Sumpf-Ziest (Stachys palustris), dies v.a. wegen den sitzenden Blättern, die rund 3- bis 5-mal so lang wie breit sind.
Bei den Drüsenhaaren auf dem Kelch würde ich beide Augen zudrücken; das scheint mir weder ein Bestimmungsmerkmal noch eine lupenreine Beschreibung der Art zu sein.
In der Flora der Schweiz wird der Kelch bei der Gattung allgemein mit "Kelch ... innen kahl" beschrieben, und bei Stachys palustris mit "Kelch ... dicht kurzhaarig, oft mit einzelnen Drüsenhaaren".
Beides scheint mir nicht ganz zutreffend, zumindest nicht bei allen Populationen. Wenn ich auf Fotos die Behaarung des Kelchs anschaue, sehe ich beispielsweise bei Pflanzen aus St-Blaise (NE) Drüsenhaare soweit das Auge reicht - und zwar v.a. auf den Kelchzähnen und auf der Innenseite des Kelchs (zumindest vorne).
Unten zwei Fotos von Pflanzen, die ich als Stachys palustris anspreche – mehr davon im Wiki.
Etwas Sorgen bereiten mir beim Sumpf-Ziest (Stachys palustris) aber nicht die Drüsenhaare, sondern zwei andere Dinge:
Entweder ist die Beschreibung falsch, oder es gibt beim Sumpf-Ziest Populationen mit und ohne “Duft” – oder ich bestimme die Art ganz einfach falsch…
Wer hat Stachys palustris in der Nähe und kann einen Dufttest machen - und anschliessend hier davon berichten?
Vielen Dank für die Bestätigung und die Klärung der Sache mit den Drüsenhaaren. Mir war die Art bisher im Feld unbekannt, daher sind mir die im Forum und im Wiki gemachten Anmerkungen sehr wichtig und hilfreich.
FH führt einen Hybriden mit breiteren Blättern als St. x ambigua auf mit dem Zusatz “unangenehm riechend”, allerdings ohne Nachweis am Murtensee.
Hallo Muriel,
wesentlich in den Beschreibungen von S. x ambigua (sylvatica x palustris) ist, daß kaum fertile Klausen ausgebildet werden (Rothmaler, Stace) und die Pflanzen große vegetative Kolonien bilden können. Außerdem sollen die Blätter bis zum Blütenstand gestielt sein, wenn auch nur kurz. Stace räumt für S. palustris “with stalked glands in upper part" ein. Darum sehe ich bei Thomas' Pflanze und der ersten von Dir gezeigten keine Anzeichen für den Hybriden.
Bei der dritten Pflanze sieht man zwei Fruchtkelche mit tauben Klausen (vielleicht auch bloß zu jung), die intermediäre Blattform und eine große Kolonie der Sippe, was auf vegetative vermehrung hindeutet, was ebenfalls typisch für den Hybriden ist.
Zu den Geruchsmerkmalen kann ich nichts aus eigener Beobachtung beisteuern. Stace drückt sich nicht so kategorisch aus und spricht von “slightly-smelling” und (im Hybridband) davon, daß der Geruch beim Hybriden intermediär sei. Das Geruchsempfingen hängt ja auch immer von der Nase ab und der “Übung”. (Für mich riecht beispielsweise Anthriscus caucalis genau wie A. cerefolium. Vielleicht sollte ich mal das Kerbelschaumsüppchen mit A. caucalis machen und Gästen vorsetzen.)
Allgemein habe ich den Eindruck, das S. palustris sehr variabel ist. So steht es auch im Hegi: “Die Abgrenzung der ziemlich zahlreichen Formen untereinander und gegenüber den sehr vielgestaltigen Bastarden mit [S. sylvatica] bereitet große Schwierigkeiten.” Es gibt z. B. noch eine Riesensippe, die mal im deutschen Pflanzenbestimmungsforum angefragt wurde, die bis 2,5 m hoch wird.
Liebe Grüße
Dominik ^_^ ^_^
P.S.: alpina x sylvatica gibt's auch noch.
Hallo Dominik
Herzlich willkommen auf openflora.ch und vielen Dank für deinen kritischen Blick auf die Stachys-Pflanzen! Merci auch fürs Einbringen der Merkmale von Stace und fürs Kerbelschaumsüppchen!
Einverstanden mit Nase und Übung... bei Stachys bin ich vielleicht einfach heikel und empfinde auch "fast geruchlos" als eine halbe Zumutung; dagegen duften Anthriscus cerefolium, A. caucalis oder zerriebene Blätter von Triglochin palustris oder Baldellia ranunculoides einfach "fein" und alle irgendwie nach Koriander, da mir schlicht die Übung fehlt, sie vom Geruch her auseinander zu halten ;-)
Damit meine Quellen betreffend "fast geruchlos" bei Stachys palustris offen auf dem Tisch liegen:
- Exkursionsflora für Österreich (2008): … «Pf fast geruchslos»
- Flora der Schweiz (Hess, Landolt, Hirzel): … «Pflanze fast ohne Geruch»
- telabotanica.org: «sans odeur»
Unabhängig vom Geruch ist sehr beruhigend, dass Hegi von "grossen Schwierigkeiten" bei der Abgrenzung gegenüber Bastarden mit S. sylvatica berichtet.
Bei der nächsten möglichen S. x ambigua Population schaue ich genauer auf die Klausen; denen hab ich ganz klar zu wenig Beachtung geschenkt.
Lieber Gruss, Muriel
Eine Geruchsprobe heute nachmittag an einer blühenden Pflanze ergab, daß S. palustris für mich fast genauso stark stinkt wie andere Arten der Gattung, vielleicht ein bischen weniger, aber immer noch aufdringlich und unangenehm.
Vielen Dank, @Dominik, für deine Stachys-Geruchsprobe!
Da bin ich doch beruhigt, dass ich nicht komplett falsch in der Landschaft stehe mit meinem Geruchsempfinden... wobei ein bisschen vermutlich doch – unten grad mehr zu Stachys am Murtensee.
Ich war neugierig – und hab dem komischen Ziest in Faoug (VD) einen Besuch abgestattet. Der Ziest steht (resp. stand) noch da und passt m.E. zu Stachys × ambigua, der Hybride zwischen dem Sumpf-Ziest (Stachys palustris) und dem Wald-Ziest (Stachys sylvatica):
Die Population ist relativ gross und wächst direkt am Ufer des Murtensees am Rand eines kleinen Schilfgürtels bei einer Bootsrampe, zusammen mit Echter Zaunwinde (Calystegia sepium) und vorne dran mit Sumpf-Helmkraut (Scutellaria galericulata) und Europäischem Wolfsfuss (Lycopus europaeus). Die Blattspreiten von Stachys × ambigua sind 2- bis 3-mal so lang wie breit und etwas mehr als 5 mm lang gestielt, nur das oberste Blattpaar ist sitzend, die Blattspreite ist am Grund leicht bis deutlich herzförmig.
In den bereits vorhandenen Klausen waren kleine, helle, reifende Teilfrüchte zu sehen.
Unten Fotos der möglichen Hybride, Stachys × ambigua.
Den Duft liess ich von zwei unvoreingenommenen Nasen direkt vor Ort beurteilen und die zerriebenen Blätter wurden als "leicht stinkend" beurteilt. Mehr nicht.
Direkt am See lag auf einem Haufen mit geschnittenem Schilf (Phragmites australis), Grosser Teichrose (Nuphar lutea), See-Flechtbinse (Schoenoplectus lacustris) etc. auch ein Sumpf-Ziest (Stachys palustris) – nicht mehr ganz frisch, sondern bereits etwas schlapp. Für mich deutlich und unangenehm nach Ziest duftend, für meine beiden unabhängigen Duft-Tester aber nur “kaum duftend oder stinkend”.
Der kleine Duft-Test mit einer nicht repräsentativen Umfrage und einer minimalistischen Stichprobe von n=2 bestätigt, was die Literatur schreibt und zumindest auf einen gewissen Teil der an-Stachys-schnuppernden-Bevölkerung zutrifft:
Leider "stand" (und nicht "steht") Stachys × ambigua und das Sumpf-Helmkraut (Scutellaria galericulata) am Rand des kleinen Schilfgürtels; kurz nachdem ich ein paar Fotos gemacht habe, wurde das Mähwerkzeug in Betrieb genommen und der Schilfrand bei der Bootsrampe fein säuberlich und gut schweizerisch geputzt. Das Sumpf-Helmkraut (Scutellaria galericulata) ist weg und ob die Teilfrüchte in den Klausen von Stachys × ambigua noch ausgereift wären, steht in den Sternen. Schade. Ein bisschen Unkraut tut niemandem weh und der 1. August lässt sich auch feiern (für alle die wollen), wenn der Schilfrand nicht im rechten Winkel abgemäht ist.
Hallo Muriel, zur Geruchsfrage kann ich noch berichten, daß ich zu Beginn meiner Botanikzeit den Geruch von Geranium robertianium weder als stark noch als unangenehm empfand. Nch ein paar Wochen hat es dann “klick” gemacht, und seitdem stinkt der für mich wie die Pest, und ebenso die Pflanzen mit ähnlichem Geruch, also Stachys spec., Ballota nigra etc. Mein Geruchsempfinden weicht allerdings deutlich von der Norm ab, d. h. ich habe oft Verständigungsschwierigkeiten mit anderen Leuten.
P.S.: Die Große Teichrose wäre Nuphar lutea, die meintest Du wahrscheinlich, nicht N. pumila?
Oja, Lapsus, sorry! Die Grosse Teichrose ist natürlich Nuphar lutea (ist korrigiert).
Die Kleine Teichrose, Nuphar pumila, wäre etwas sehr grosses Wunschdenken :-)
Nuphar pumila ist in CH wohl ähnlich selten wie in D? Ich war letztes Jahr im Juli an einigen Teichen nordöstlich des Bodensees und konnte sie dort in immerhin vier Gewässern bestaunen. Manche Angaben beziehen sich wohl auch auf den Hybriden. Jedenfalls ist sie in D vom Aussterben bedroht, vermutlich durch Eutrophierung der Gewässer.
Dominik
Ja, superselten.
Publikation dazu:
Kozlowski, G., Eggenberg, S. 2005: Vorkommen der Kleinen Teichrose Nuphar pumila und des Hybrids N. × intermedia in der Schweiz. Botanica Helvetica., Bd. 115(2), 125–136
researchgate.net (open source)
und:
Arrigo, N. et al. 2016: Hybridization as a threat in climate relict Nuphar pumila (Nymphaeaceae). Biodiversity and Conservation 25(10): 1863–1877
https://doc.rero.ch/record/277318/files/koz_htc.pdf