Eigentlich wollte ich den Kindern unterschiedliche Fruchtfarben bei Zwergsträuchern demonstrieren:
- Die Heidelbeere (Vaccinium myrtillus) gibt schön blaue Zungen,
- bei der Rauschbeere/Moorbeere (Vaccinium uliginosum aggr.) sind Fruchtfleisch und Saft offiziell weisslich, die Zungen verfärben sich deshalb nicht so toll (und die Früchte schmecken nach nichts).
Die Demo ging ganz klar schief.
Die Heidelbeeren haben zwar mitgemacht, ihr Fruchtfleisch war perfekt dunkelrot, violett oder blau (etwas Ansichtssache).
Das Fruchtfleisch der Rauschbeeren war aber dunkelrot und hat die Finger (den Futter-Test haben wir sein lassen) schön verfärbt.
Meine Frage ist eine simple:
Wird das Fruchtfleisch von Vaccinium uliginosum aggr. im Herbst auch blau resp. dunkelrot? Ich meine in Erinnerung zu haben, dass es im Sommer tatsächlich weisslich war.
Oder hat die Literatur nicht Recht, wenn sie durchs Band und ohne Wenn und Aber von "Fruchtfleisch weisslich, mit farblosem Saft" (Rothmaler Grundband), "Fleisch und Saft hell" (Flora der Schweiz), "mit weisslichem Fruchtfleisch und farblosem Saft" (Exkursionsflora für AT) schreibt?
Was sind eure (Herbst-)Farb-Erfahrungen bei der Rauschbeere?
Lieber Gruss & vielen Dank, Muriel
7 Risposte
Ich kann nur eine ungeprüfte Hypothese formulieren.
Der blaue Farbstoff ist ein Anthocyan und diese sind wasserlöslich. Bei Vaccinium uliginosum ist der Farbstoff nur in der Haut und nicht im Fruchtfleisch. Ich könnte mir vorstellen, dass bei Verletzung der Haut der Farbstoff in den Fruchtsaft gelangen kann. Auf einem deiner Bilder hat es ein kleines Loch in der Beere, hat hier ein Käfer oder ein Insekt getrunken? Oder die Haut wird beim Vertrocknen der Beeren rissig und gibt Farbstoff ab. Und so verfärbt sich im Herbst auch der Saft von hellen Beeren rot.
Gut bekannt ist ein ähnliches «Phänomen» bei Trauben. Rote Trauben haben auch ein helles Fruchtfleisch und erst durch das Pressen und das liegenlassen des hellen Safts auf der Maische wird der Saft bzw. der Wein rot. Aus diesem Grund kann mach auch weissen Wein aus blauen Trauben herstellen. Darauf ein Glas Champagner (der ja auch aus blauen Trauben ist) - Prost.
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RispondiLustig, ich machte kürzlich denselben Erklärungsversuch wie Muriel. Beim ersten Mal habe ich die Rauschbeere kräftig gequetscht und die Finger wurden rot, beim sanfteren Wiederholen mit einer neuen Beere gelang dann die Erklärung, das Beereninnere blieb weisslich-rosa. Die obige Hypothese gefällt mir daher.
Herzlichen Dank, @Moritz & Elisabeth!
Beim Anstossen bin ich sofort dabei :-)
Um die Champagner-Hypothese zu testen, hab ich heute die nächsten, in Griffnähe wachsenden Vaccinium uliginosum Früchte (alle ohne für mich sichtbare Verletzungen) angeschaut und alle gleich vorsichtig gequetscht.
n = 15, oberhalb St. Moritz (GR).
Resultat:
n = 10: Fruchtfleisch tiefrot, praktisch flüssig.
n = 5: Fruchtfleisch weiss; es machte dem Artnamen "Schnudderbeeri" alle Ehre.
Alle Früchte hatten entweder tiefrotes oder weisses Fruchtfleisch; es gab keine Übergänge o.ä.
Innerhalb derselben Population fanden sich sowohl Früchte mit weissem als auch Früchte mit tiefrotem Fruchtfleisch.
Die Früchte sahen für mich "von aussen" gleich aus; mehr als reif, manchmal bereits etwas schrumpelig. Die schrumpeligste Frucht (Nr. 2) hatte aber nicht dunkelrotes, sondern weisses Fruchtfleisch... vermutlich nichts mit sehr reif = dunkelrot.
Entweder waren die Verletzungen sehr klein und blieben heute unentdeckt. Oder es steckt keine eigentliche Verletzung dahinter, sondern z.B. ein Pilzbefall (Name Rauschbeere zumindest für einen Teil der Beeren)? Oder doch genetisch bedingt?
Unten eine Auswahl der heutigen Funde; zuerst mit dunkelrotem Fruchtfleisch, dann mit weissem. Immer zuerst die Frucht vor dem Test, dann das Resultat.
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RispondiIm Vergleich dazu Früchte mit weissem Fruchtfleisch:
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RispondiUnd gab es beides auch an derselben Pflanze?
Gute Frage! Ich drücke mich etwas vor einer klaren Antwort, weil ich draussen kaum entscheiden kann wo bei dieser Art ein Pflanzenindividuum anfängt und wo es aufhört.
Die Illustrationen der Wurzelsysteme zeigen sehr gut, dass manchmal viele Triebe zum gleichen Individuum gehören können:
- Vaccinium gaultherioides: https://images.wur.nl/digital/collection/coll13/id/791/rec/5
- Vaccinium uliginosum: https://images.wur.nl/digital/collection/coll13/id/951/rec/7
Innerhalb der grössten Population, die ich anschaut hab, gab es beide Fruchtfleisch-Farben, nah beieinander. Es waren aber gar nicht mehr so viele Früchte übrig, wenn ich mich richtig erinnere pro Trieb max. 1 Frucht. D.h. es ist beides plausibel: Beide Farben am gleichen Individuum - oder nur 1 Farbe/Individuum. Ich muss mich das nächste Mal besser achten wo ich die Früchte abzupfe; und nach Möglichkeit mehrere Früchte am gleichen Trieb angucken. Für dieses Jahr wirds knapp :-) Aber vielleicht hat noch jemand Vaccinium uliginosum aggr. mit reifen Früchten in der Nähe?
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RispondiDa diese Beeren in Norwegen sehr häufig vorkommen und auch unproblematisch zusammen mit Heidelbeeren verwendet werden (allerdings in kleineren Mengen, weil sie sowieso wenig Geschmack haben), habe ich dort verschiedene Quellen untersucht, aber leider konnte ich keine Berichte über rotes Fruchtfleisch finden…..