Morphologie

Generative Merkmale

  • Blüten

    • Zweihäusigin Mitteleuropa bisher nur weibliche Individuen bekannt, d.h. die Pflanzen vermehren sich ausschliesslich vegetativ.
    • Blütenstand aufrecht über die Wasseroberfläche ragend.
    • Blätter im Blütenstand (Tragblätter) deutlich länger als die Blüten, wie die Überwasserblätter von sterilen Trieben gestaltet.
    • Weibliche Blüten sehr klein und unscheinbar, in den Blattachseln sitzend oder 1 mm gestielt, am Grund mit weisslichen, fadenförmigen Vorblättern; Narbe 4-teilig, mit weissen, langen Papillen (der Narbe ein federig behaartes Aussehen verleihend).

    Weibliche Blüten mit federigen Narbenästen. Leugene, Lengnau (BE), 5.8.2024 (Muriel Bendel)

    Blühender Spross mit weiblichen, kleinen Blüten. Leugene, Lengnau (BE), 5.8.2024 (Muriel Bendel)

    Weibliche Blüten klein und unauffällig, in den Blattachseln sitzend. Leugene, Lengnau (BE), 5.8.2024 (Muriel Bendel)

    Vorblätter fadenförmig, weisslich. Leugene, Lengnau (BE), 5.8.2024 (Muriel Bendel)

Vegetative Merkmale

  • Wuchsform, Stängel

    • Pflanzen ausdauernd, kräftig.
    • Sprosse nach der Blüte weiterwachsend, im Grund verankert; Internodien grün, manchmal rötlich überlaufen.

    Leugene, Lengnau (BE), 5.8.2024 (Muriel Bendel)

    Leugene, Lengnau (BE), 5.8.2024 (Muriel Bendel)

    Leugene, Lengnau (BE), 5.8.2024 (Muriel Bendel)

    Leugene, Lengnau (BE), 5.8.2024 (Muriel Bendel)

  • Blätter

    • Blätter zu 5–6 quirlständig.
    • Blattspreite der Überwasserblätter auffallend bläulichgrün, kammartig gefiedert mit linealischen Fiedern.
    • Überwasserblätter an der Triebspitze dicht stehend, einen «Schopf» bildend.
    • Neue Blätter im Frühling aus den überwinternden, meist untergetauchten Sprossen austreibend. 

    Überwasserblätter kammartig gefiedert, bläulichgrün. Leugene, Lengnau (BE), 5.8.2024 (Muriel Bendel)

    Überwasserblätter an der Triebspitze schopfig gehäuft. Leugene, Lengnau (BE), 5.8.2024 (Muriel Bendel)

    Triebspitze. Leugene, Lengnau (BE), 5.8.2024 (Muriel Bendel)

    Leugene, Lengnau (BE), 5.8.2024 (Muriel Bendel)

    Unterwasserblätter. Leugene, Lengnau (BE), 5.8.2024 (Muriel Bendel)

    Unterwasserblätter. Leugene, Lengnau (BE), 5.8.2024 (Muriel Bendel)

    Unterwasserblätter. Leugene, Lengnau (BE), 5.8.2024 (Muriel Bendel)

    Die neuen Sprosse entspringen den überwinternden, hier im Wasser ungetauchten Trieben. 8.3.2025 (Muriel Bendel)

    Junge Sprosse. 30.3.2025 (Muriel Bendel)

    Diesjährige Sprosse, einem kriechenden, letztjährigen Trieb entspringend. 13.8.2025 (Muriel Bendel)

  • Guttation

    • In der Nacht an den Fieder- resp. Blattspitzen manchmal Guttationstropfen bildend.

    Fiederspitzen mit Guttationstropfen, um 4.15 Uhr. 2.8.2024 (Muriel Bendel)

    Sprossspitze mit grösseren und kleineren Guttationstropfen, um 4.15 Uhr. 2.8.2024 (Muriel Bendel)

    Sprosspitze mit Guttationstropfen, um 20.45 Uhr. 1.8.2024 (Muriel Bendel)

    4.15 Uhr. 2.8.2024 (Muriel Bendel)

  • Schlafbewegungen

    • Bis im Spätsommer neigen sich die Blätter am Abend zur Sprosspitze; im Herbst (ab September) bleiben die Bewegungen aus und die Blätter bleiben auch in der Nacht ausgebreitet.
    • Bei kühler, windigem Wetter neigen sich die vorderen Fiedern zur Blattspitze.

    15.30 Uhr; 31.7.2024 (Muriel Bendel)

    16.15 Uhr; 1.8.2024 (Muriel Bendel)

    18.00 Uhr; 1.8.2024 (Muriel Bendel)

    19.45 Uhr; 2.8.2024 (Muriel Bendel)

    20.00 Uhr; 2.8.2025 (Muriel Bendel)

    4.15 Uhr; 2.8.2024 (Muriel Bendel)

    19.45 Uhr; 2.8.2024 (Muriel Bendel)

    19.45 Uhr; 2.8.2024 (Muriel Bendel)

    20.00 Uhr; 2.8.2025 (Muriel Bendel)

    20.30 Uhr; 2.8.2025 (Muriel Bendel)

    Bei kühlem, windigem Wetter neigen sich die Fiedern zur Blattspitze. 16.00 Uhr; 5.9.2024 (Muriel Bendel)

    Sprosse im Herbst ohne Schlafbewegungen, 22.30 Uhr, 11.10.2024 (Muriel Bendel)

    Im Herbst bleiben die deutlichen Schlafbewegungen aus. 22.00 Uhr, 9.9.2024 (Muriel Bendel)

Lebensraum

In stehenden oder langsam fliessenden Bächen, Kanälen, Buchten und Seeufern.

Verbreitung

Ursprünglich südamerikanisch.

Verbreitungskarte auf POWO.

Mögliche Verwechslung

Beim tendenziell kleineren Quirl-Tausendblatt (Myriophyllum verticillatum) sind die Überwasserblätter grün (aber nicht auffallend bläulichgrün) und weniger dicht angeordnet; die Pflanzen sind einhäusig, wobei die männlichen Blüten (mit auffallenden, langen Staubbeuteln) über den weiblichen Blüten angelegt sind. 

Rechtliche Grundlagen

Das Brasilianische Tausendblatt (Myriophyllum aquaticum) ist im Anhang 2.1 der Freisetzungsverordnung («Für den direkten Umgang in der Umwelt verbotene invasive gebietsfremde Organismen») aufgeführt: fedlex.ch

Quellen und weiterführende Literatur

Casper S. J., Krausch H.-D., 1981: Süsswasserflora von Mitteleuropa, Band 24, Pteridophyta und Anthophyta, Teil 2. Gustav Fischer Verlag.

Hussner, A. 2016: Zur Biologie invasiver aquatischer Neophyten: Myriophyllum aquaticum. Florist. Rundbriefe 50: 84–97
researchgate.net

Autor*in: Muriel Bendel
Stand: 19. August 2025

Forum

Diskussionen der Community

Brasilianisches Tausendblatt (Myriophyllum aquaticum): mit Schlafbewegungen und Guttationstropfen

"Mein" Brasilianisches Tausendblatt (Myriophyllum aquaticum) legt sich jeden Abend auf dem Balkon in der Salatschüssel schlafen, dies schon die zweite Saison. Es faltet die Blätter am Abend nach oben – und richtet sie am nächsten Morgen wieder waagrecht aus. 

Und manchmal bilden sich bei den schlafenden Sprossspitzen auch kleine Guttationstropfen. 

Zu Schlafbewegungen greift die Art aber nicht nur am Abend, sondern auch bei kühlem, windigem Wetter: dann krümmen sich die vorderen Fiedern am heiterhellen Tag zur Blattspitze.

Schlafbewegungen gibts auch bei anderen Pflanzen, u.a. bei Klee (Trifolium) und Kleefarn (Marsilea) -> siehe: https://www.openflora.ch/de/forum/klee-(und-kleefarn)-by-night-1743.html, oder Wald-Sauerklee (Oxalis acetosella) und Bohnen. 

Der direkte Balkon-Nachbar des Brasilianischen Tausendblattes (Myriophyllum aquaticum) war das Quirlblütige Tausendblatt (Myriophyllum verticillatum), welches den letzten Winter erfolgreich in einem zeitweise vereisten Suppenteller verbrachte und perfekte, dicht gepackte Turionen (Überwinterungsknospen) bildete. Im Frühling entwickelten sich aus den Turionen neue, lockere Sprosse – und damit war die Zeit definitiv reif, die jungen Pflanzen wieder in die Freiheit zu entlassen.
Das neophytische Myriophyllum aquaticum blieb (und bleibt) selbstverständlich auf dem Balkon.

Der Hintergrund der beiden Myriophyllum-Arten in nicht ganz artgerechter Haltung ist ein simpler:

Die beiden Arten sehen sich nicht unähnlich, v.a. wenn Myriophyllum verticillatum stattliche Pflanzen bildet und M. aquaticum eher schmürzelig daherkommt. Diese Ähnlichkeit führte zumindest letztes Jahr in einem ganz konkreten Fall zur Verwechslung der beiden Taxa.
Die korrekte Unterscheidung der beiden Arten ist damit nicht einfach Schönwetter-Botanik, sondern hat je nach dem handfeste Konsequenzen: 

Unten folgen zwei Fotos desselben Sprosses am Tag und am Abend und “schlafende” Sprosse mit Guttationstropfen.
Anschliessend Fotos für den direkten Vergleich zwischen den beiden Arten; im Wiki sind die beiden Arten ausführlich beschrieben und illustriert: 

Brasilianisches Tausendblatt (Myriophyllum aquaticum)

  • Blätter mit Schlafbewegungen im Sommer; ab Herbst verändert sich die Ausrichtung der Blätter in der Nacht nicht mehr deutlich
  • überwintert mit untergetauchten, aber auch "an Land" (resp. auf dem Balkon) kriechenden Sprossen; bildet keine Turionen/Überwinterungsknospen
  • bildet im Sommer an den Sprossspitzen während der Nacht manchmal Guttationstropfen


Quirlblütiges oder Quirl-Tausendblatt (Myriophyllum verticillatum)

  • führt keine Schlafbewegungen aus
  • überwintert mit Turionen/Überwinterungsknospen auf dem Grund des Gewässers, alle anderen Pflanzenteile/Sprosse sterben im Herbst ab
  • bildet keine Guttationstropfen

Ergänzende Fotos zu den überwinternden und im Frühling wieder austreibenden Turionen des Quirlblütigen Tausendblattes (Myriophyllum verticillatum) finden sich in diesem Forum-Beitrag

zur Diskussion

Tausendblätter (Myriophyllum)

So direkt nebeneinander sehen die Pflanzen selbstverständlich unterschiedlich aus – aber draussen hab ich diesen Vergleich kaum bis nie und ich habe mir bereits mehrfach die Zähne ausgebissen bei der korrekten Bestimmung dieser Arten resp. v.a. bei der Unterscheidung zwischen dem Brasilianischen Tausendblatt (Myriophyllum aquaticum) und dem Quirlblütigen Tausendblatt (Myriophyllum verticillatum). Und diese Unterscheidung ist wichtig und nicht einfach nur botanische Haarspalterei; grosse Bestände und/oder stattliche Individuen des invasiven Brasilianischen Tausendblatts (Myriophyllum aquaticum) sind schnell zu erkennen – aber einzelne, noch kleinere Pflanzen können dem als "potenziell gefährdet" eingestuften Quirl-Tausendblatt (Myriophyllum verticillatum) ähnlich sehen.

Was sind eure Erfahrungen bei der Bestimmung resp. Unterscheidung von (vegetativen) Tausendblatt-Pflanzen?
Habt ihr weitere, v.a. feldtaugliche Merkmale, ggf. auch Fotos fürs Wiki? 

Aktuell finden sich im Wiki Porträts zu diesen drei Arten:

Im Moment noch ein Fragezeichen ist für mich das neophytische, aus Nordamerika stammende und auch im Anhang 2.1 der FrSV aufgeführte Verschiedenblättrige Tausendblatt (Myriophyllum heterophyllum)... mit gezähnten Tragblättern im Blütenstand ist es sicher als solches erkennbar, auch wenn ich tatsächlich nur 4 (statt 8) Staubblätter zählen sollte – aber falls es (noch) keine Blüten ausbildet? Die Anzahl Abschnitte (resp. linealische Fiedern) ist eine schwammige Angabe; und eine Verbreitungskarte ist meines Erachtens nie ein Bestimmungs- oder Ausschlusskriterium. 

Auch noch nie gesehen hab ich das Armblütige Tausendblatt (Myriophyllum alterniflorum); blühend vermutlich gut vom Quirlblütigen Tausendblatt (Myriophyllum verticillatum) zu unterscheiden... aber vegetativ?

Ich bin gespannt auf eure Erfahrungen, Ergänzungen, Korrekturen :-)
Lieber Gruss, Muriel

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