Morphologie

Generative Merkmale

  • Blüten

    • Blütenstand aufrecht über die Wasseroberfläche ragend.
    • Blätter im Blütenstand (Tragblätter) deutlich länger als die Blüten, wie die Tauchblätter kammartig gefiedert, mit linealischen Fiedern.
    • Blüten meist eingeschlechtig, untere Blüten im Blütenstand weiblich, obere männlich, dazwischen oft wenige Zwitterblüten. 
    • Männliche Blüten mit unauffälligen, grünlichen Kronblättern und 8 Staubblättern.
    • Weibliche Blüten mit 4-teiliger Narbe, Narbenäste gespreizt; weiss, später bräunlich.

    Weibliche Blüten mit 4-teiligen Narben. Gampelen (BE), 27.7.2024 (Muriel Bendel)

    Weibliche Blüten. Noville (VD), 8.8.2016 (wolfgang bischoff)

    Männliche Blüten. Gampelen (BE), 28.7.2024 (Muriel Bendel)

    Gampelen (BE), 27.7.2024 (Muriel Bendel)

Vegetative Merkmale

  • Wuchsform, Stängel

    • Pflanzen ausdauernd, Grundachse kriechend.
    • Sprosse meist untergetaucht im Wasser flutend, selten im Schlamm kriechend; zeitweise Austrocknung tolerierend und dann auf nassen, schlammigen Böden terrestrische Formen bildend.
    • Untergetauchte Triebe bilden im Herbst an der Spitze oder in den Blattachseln dunkelgrüne, bräunliche bis rötliche, keulenförmige Überwinterungsknospen (Turionen), die auf dem Gewässergrund überwintern oder frei im Wasser flottieren und im Frühling neu austreiben. 

    Gampelen (BE), 27.7.2024 (Muriel Bendel)

    Gampelen (BE), 28.7.2024 (Muriel Bendel)

    Zwischen Froschbiss (Hydrocharis morsus-ranae) über die Wasseroberfläche ragend. Gampelen (BE), 28.7.2024 (Muriel Bendel)

    Noville (VD), 8.8.2016 (wolfgang bischoff)

  • Blätter

    • Tauchblätter zu 5(–6) quirlständig.
    • Blattspreite grün, kammartig gefiedert mit linealischen Fiedern.

    Gampelen (BE), 27.7.2024 (Muriel Bendel)

    Blätter zu 5(–6) quirlständig. Gampelen (BE), 27.7.2024 (Muriel Bendel)

    Blätter eines über die Wasseroberfläche ragenden Sprossabschnittes. Gampelen (BE), 27.7.2024 (Muriel Bendel)

    Triebspitze. 30.7.2024 (Muriel Bendel)

  • Turionen

    • Untergetauchte Triebe bilden im Herbst an der Spitze oder in den Blattachseln dunkelgrüne, bräunliche bis rötliche, keulenförmige, 2–3,5 cm lange Überwinterungsknospen (Turionen).
    • Die Turionen überwintern auf dem Gewässergrund und treiben im Frühling neu aus. 

    Untergetauchte Sprosse mit keulenförmigen Überwinterungsknospen (Turionen). 15.9.2024 (Muriel Bendel)

    Überwinterungsknospe. 14.9.2024 (Muriel Bendel)

    Überwinterungsknospe (Turion) grün bis rötlich oder braun. 14.9.2024 (Muriel Bendel)

    Rund 3 cm lange, keulenförmige Überwinterungsknospe. 14.9.2024 (Muriel Bendel)

    Turionen unter einer Eisschicht. 31.12.2024 (Muriel Bendel)

    Überwinterungsknospen, Ende Winter. 12.2.2025 (Muriel Bendel)

    2.3.2025 (Muriel Bendel)

    Überwinterungsknospen mit ersten Wurzeln. 5.3.2025 (Muriel Bendel)

    8.3.2025 (Muriel Bendel)

    Neue Wurzeln treibend. 8.3.2025 (Muriel Bendel)

    Die Überwinterungsknospen wachsen an der Spitze mit neuen, grünen Blättern weiter. 13.3.2025 (Muriel Bendel)

    30.3.2025 (Muriel Bendel)

Lebensraum

In stehenden oder sehr langsam fliessenden, flachen Gewässern; empfindlich gegen Wasserverschmutzung; verträgt Austrocknung; Altarme, Gräben, vor Wellenschlag geschützte Seeufer.

Verbreitung

Eurasiatisch, nordamerikanisch.

Verbreitungskarte auf POWO.

Mögliche Verwechslung

Beim Ährigen Tausendblatt (Myriophyllum spicatum) sind die Tragblätter im Blütenstand sehr kurz (der Blütenstand erscheint deshalb auf den ersten Blick blattlos), die Unterwasserblätter sind zu 4(–5) angeordnet, die hinfälligen Kronblätter der männlichen (oberen) Blüten sind leuchtend rot, was den Blütenstand im Knospenstadium rot «aufleuchten» lässt; die Art verträgt tiefere Wassertemperaturen als das Quirlige Tausendblatt (Myriophyllum verticillatum) und bildet im Herbst keine Winterknospen (Turionen) aus.

Beim neophytischen, zweihäusigen Brasilianischen Tausendblatt (Myriophyllum aquaticum) sind die über die Wasseroberfläche ragenden Blätter dichter angeordnet und auffallend bläulichgrün, die kleinen weiblichen Blüten besitzen 4-spaltige, federig behaarte Narben. 

Vegetativ sieht die Wasserfeder (Hottonia palustris) mit ihren fein kammartig gefiederten Blättern den Tausendblatt-(Myriophyllum)Arten ähnlich; die Wasserfeder (Hottonia palustris) zeichnet sich aber durch wechselständige Blätter aus, die v.a. im oberen Sprossabschnitt einander genähert sein können und deshalb quirlständig aussehen → im Zweifelsfall den Stängel im unteren Abschnitt kontrollieren und nach wechselständigen Blättern Ausschau halten.

Quellen

Casper S. J., Krausch H.-D., 1981: Süsswasserflora von Mitteleuropa, Band 24, Pteridophyta und Anthophyta, Teil 2. Gustav Fischer Verlag.

Hegi, G. 1975: Illustrierte Flora von Mitteleuropa. V. Band, 2. Teil, Paul Parey

Autor*in: Muriel Bendel
Stand: 19. August 2025

Forum

Diskussionen der Community

Bald parat zum Überwintern

Welche Wasserpflanzen-Art bildet zum Überwintern solche dicht gepackten, keulenförmigen, ca. 3 cm langen Strukturen aus?
Ursprünglicher Standort: Gampelen (BE), stehendes Gewässer.

Aller à la discussion

Brasilianisches Tausendblatt (Myriophyllum aquaticum): mit Schlafbewegungen und Guttationstropfen

"Mein" Brasilianisches Tausendblatt (Myriophyllum aquaticum) legt sich jeden Abend auf dem Balkon in der Salatschüssel schlafen, dies schon die zweite Saison. Es faltet die Blätter am Abend nach oben – und richtet sie am nächsten Morgen wieder waagrecht aus. 

Und manchmal bilden sich bei den schlafenden Sprossspitzen auch kleine Guttationstropfen. 

Zu Schlafbewegungen greift die Art aber nicht nur am Abend, sondern auch bei kühlem, windigem Wetter: dann krümmen sich die vorderen Fiedern am heiterhellen Tag zur Blattspitze.

Schlafbewegungen gibts auch bei anderen Pflanzen, u.a. bei Klee (Trifolium) und Kleefarn (Marsilea) -> siehe: https://www.openflora.ch/de/forum/klee-(und-kleefarn)-by-night-1743.html, oder Wald-Sauerklee (Oxalis acetosella) und Bohnen. 

Der direkte Balkon-Nachbar des Brasilianischen Tausendblattes (Myriophyllum aquaticum) war das Quirlblütige Tausendblatt (Myriophyllum verticillatum), welches den letzten Winter erfolgreich in einem zeitweise vereisten Suppenteller verbrachte und perfekte, dicht gepackte Turionen (Überwinterungsknospen) bildete. Im Frühling entwickelten sich aus den Turionen neue, lockere Sprosse – und damit war die Zeit definitiv reif, die jungen Pflanzen wieder in die Freiheit zu entlassen.
Das neophytische Myriophyllum aquaticum blieb (und bleibt) selbstverständlich auf dem Balkon.

Der Hintergrund der beiden Myriophyllum-Arten in nicht ganz artgerechter Haltung ist ein simpler:

Die beiden Arten sehen sich nicht unähnlich, v.a. wenn Myriophyllum verticillatum stattliche Pflanzen bildet und M. aquaticum eher schmürzelig daherkommt. Diese Ähnlichkeit führte zumindest letztes Jahr in einem ganz konkreten Fall zur Verwechslung der beiden Taxa.
Die korrekte Unterscheidung der beiden Arten ist damit nicht einfach Schönwetter-Botanik, sondern hat je nach dem handfeste Konsequenzen: 

Unten folgen zwei Fotos desselben Sprosses am Tag und am Abend und “schlafende” Sprosse mit Guttationstropfen.
Anschliessend Fotos für den direkten Vergleich zwischen den beiden Arten; im Wiki sind die beiden Arten ausführlich beschrieben und illustriert: 

Brasilianisches Tausendblatt (Myriophyllum aquaticum)

  • Blätter mit Schlafbewegungen im Sommer; ab Herbst verändert sich die Ausrichtung der Blätter in der Nacht nicht mehr deutlich
  • überwintert mit untergetauchten, aber auch "an Land" (resp. auf dem Balkon) kriechenden Sprossen; bildet keine Turionen/Überwinterungsknospen
  • bildet im Sommer an den Sprossspitzen während der Nacht manchmal Guttationstropfen


Quirlblütiges oder Quirl-Tausendblatt (Myriophyllum verticillatum)

  • führt keine Schlafbewegungen aus
  • überwintert mit Turionen/Überwinterungsknospen auf dem Grund des Gewässers, alle anderen Pflanzenteile/Sprosse sterben im Herbst ab
  • bildet keine Guttationstropfen

Ergänzende Fotos zu den überwinternden und im Frühling wieder austreibenden Turionen des Quirlblütigen Tausendblattes (Myriophyllum verticillatum) finden sich in diesem Forum-Beitrag

Aller à la discussion

Tausendblätter (Myriophyllum)

So direkt nebeneinander sehen die Pflanzen selbstverständlich unterschiedlich aus – aber draussen hab ich diesen Vergleich kaum bis nie und ich habe mir bereits mehrfach die Zähne ausgebissen bei der korrekten Bestimmung dieser Arten resp. v.a. bei der Unterscheidung zwischen dem Brasilianischen Tausendblatt (Myriophyllum aquaticum) und dem Quirlblütigen Tausendblatt (Myriophyllum verticillatum). Und diese Unterscheidung ist wichtig und nicht einfach nur botanische Haarspalterei; grosse Bestände und/oder stattliche Individuen des invasiven Brasilianischen Tausendblatts (Myriophyllum aquaticum) sind schnell zu erkennen – aber einzelne, noch kleinere Pflanzen können dem als "potenziell gefährdet" eingestuften Quirl-Tausendblatt (Myriophyllum verticillatum) ähnlich sehen.

Was sind eure Erfahrungen bei der Bestimmung resp. Unterscheidung von (vegetativen) Tausendblatt-Pflanzen?
Habt ihr weitere, v.a. feldtaugliche Merkmale, ggf. auch Fotos fürs Wiki? 

Aktuell finden sich im Wiki Porträts zu diesen drei Arten:

Im Moment noch ein Fragezeichen ist für mich das neophytische, aus Nordamerika stammende und auch im Anhang 2.1 der FrSV aufgeführte Verschiedenblättrige Tausendblatt (Myriophyllum heterophyllum)... mit gezähnten Tragblättern im Blütenstand ist es sicher als solches erkennbar, auch wenn ich tatsächlich nur 4 (statt 8) Staubblätter zählen sollte – aber falls es (noch) keine Blüten ausbildet? Die Anzahl Abschnitte (resp. linealische Fiedern) ist eine schwammige Angabe; und eine Verbreitungskarte ist meines Erachtens nie ein Bestimmungs- oder Ausschlusskriterium. 

Auch noch nie gesehen hab ich das Armblütige Tausendblatt (Myriophyllum alterniflorum); blühend vermutlich gut vom Quirlblütigen Tausendblatt (Myriophyllum verticillatum) zu unterscheiden... aber vegetativ?

Ich bin gespannt auf eure Erfahrungen, Ergänzungen, Korrekturen :-)
Lieber Gruss, Muriel

Aller à la discussion